2019-2023,  2023,  Peru,  Südamerika,  Unterwegs

Auf nach Chivay zum Colca Canyon und den Condoren

Chivay

Von Arequipa (2600m) aus geht es Richtung Chivay.
Chivay liegt auf 3500 Metern Höhe, nach ca 4 Stunden fahrt über unglaubliche Hochebenen, wie wir sie noch nie zuvor gesehen haben. Die Pampa zieht sich bis zum Horizont, wird dort teilweise von Vulkanen und Gebirgszügen begrenzt. Immer wieder sieht man kleine Autos irgendwo ganz weit hinten durch das Pampagras fahren, was darauf hinweist, dass unsere Straße wohl dort hinführt. Lamas, Alpakas und erstaunlicherweise auch immer wieder Menschen wohnen hier. Man fragt sich, wie man hier leben kann und wenn mir als Nordfriesen gerne mal nachsagte, wir könnten wegen der flachen Landschaft, heute schon sehen, wer morgen zu Besuch kommt, dem kann ich nur sagen: Dann wart ihr noch nicht in der Pampa. Gefrohrene Wasserfälle, Sümpfe, Canyons… ich hänge die ganze Zeit mit dem Handy am Fenster und versuche es irgendwie einzufangen, was einfach nicht klappen will. Immer wieder hält der Bus im Nirgendwo, lädt eine Mutti in bunter dicker Tracht ein und fährt weiter. Irgendwo wird sie wieder abgesetzt.

Durch den Klimawandel wird es hier im Winter inzwischen bis zu -35 Grad kalt, was im letzten Winter sehr vielen Lamababies das Leben gekostet hat. Auch jetzt ist es k k k k k kalt… Nach 4 Stunden windet sich unser Bus hinab auf 3500 Meter. Ja wir waren zuvor auf 4600 Metern. Das merkte man auch. Die Stadt Chivay liegt am Beginn des Colcacanyons, der nicht nur die Heimat der Condore ist, sondern auch eine unglaubliche Landschaft, sowie Kultur beheimatet. Während viele Chivay für vollkommen uninteressant halten, sind wir begeistert…

Chivay gefällt uns sehr, da er ein authentischer Ort ist. Hier leben die Menschen Ihren Alltag und ab und an kommen Touristen, die in den Colca Canyon wollen. Es gibt hier nur eine handvoll Restaurantes für Touristen, ansonsten ist die Infrastruktur für die Einheimischen da.

Es gibt einen zentralen Platz an denen die Restaurants, Touranbieter und auch ein Cafe für die Touristen sind und abseits davon, in den restlichen Strassen, die Geschäfte und Lokale wo die Einheimischen sich versorgen. Ausserdem gibt es noch eine Straße mit Souvenir Geschäften, dort bekommt man all die Sachen, die es auch schon in Lima auf solchen Märkten gab. Alpaka/Lama Decken, Pullover, Mützen, Schals, Handschuhe etc.

Natürlich gibt es auch einen Mercado im Ort. Dort haben wir einer Näherin bei Ihrer Arbeit zu gesehen. Sie hat auf ein Stück Stoff, freihand mit der Nähmaschine, ein Muster darauf gezaubert (s.u.). Wir lieben es, die alltäglichen Dinge zu entdecken und dadurch die Menschen und das Land besser kennen zu lernen und zu verstehen.

Colca Canyon

In Chivay machen wir etwas, was wir aus gutem Grund sonst nie machen. Eine Tour.
Wir gehen gerne unsere eigenen Wege. Wir halten gerne an und werden ungerne vorwärts getrieben und an Restaurants ausgesetzt die 4 mal so teuer sind.
Aber da wir uns aus aktuellen körperlichen Gründen gegen die Wanderung am anderen Ende des zweittiefsten Canyons der Welt entscheiden und es keinen anderen praktikablen Weg gibt, die tiefe Schlucht zu erkunden, bleibt uns keine andere Möglichkeit.


Wir werden in eine 2 Tagestour aus Arequipa eingebucht und verbringen mit ihnen einen Tag.
Der Canyon an sich bietet schon einen wunderschöne Ansicht. Besonders durch die kulturelle Bewirtschaftung. Die verschiedenfarbigen Felder im Tal, die Bäume, die an die Toscana erinnern, die Terassen, die in alle Hänge geschlagen wurden, schon lange vor den Inkas, selbst der enorme Spalt, der nach dem großen Erdbeben 1999 in dem Berg entstanden ist. Wir hätten gerne viel öfter angehalten. Meistens an Stellen, die die anderen Gäste nicht interessierten. Die setzten sich Kopfhörer auf und schauten Filme, bis ihnen gesagt wurde, dass sie aussteigen sollen und Souvenirs kaufen sollen. Wir kleben dagegen am Fenster.


Der Guide erzählt spannende Geschichten. Von Festen, die Familien ausrichten, jedes Jahr und die jedesmal eine halbe Million kosten, aber kein Geld für Bildung und Gesundheitswesen haben. Von seinem Opa, der wie alle hier Alkoholiker gewesen sei und ein Haus gegen 2 Liter Alkohol eingetauscht hat, dessen Nachbar ein Pferd gegen 1 Liter. Er erzählt von Diskriminierung der unterschiedlichen Völker im Tal. Die einen werden als Fresser von Quinoa, Mais und Reis bezeichnet, während die anderen Früchte, Avocados usw essen. Da gibt es Gräben wie bei uns bei Veganern und Fleischessern. Erklärt vielleicht, warum wir immer so einseitiges Essen bekommen, obwohl es soviel Gemüse und Obst gäbe. Wir waren wohl auf der falschen Seite des Canyons. Erkennt man auch an den Hüten, haben wir erfahren. An den Hüten erkennt man auch, ob man die Frau nicht ansprechen darf. Hat sie 2 Blumen Finger weg. Hat sie nur eine…
Hier im Canyon kreisen auch die riesigen Kondore.

Während zur Jahrtausendwende nur noch 21 übrig waren, sind es jetzt nach Fütterung wieder 74. Von Silke erfahren wir, dass auch die Spiegelung der Metalldächer, die Tiere vertrieben hatte. Der Einritt in den Canyon kostet heftige 20€. Das Geld geht in die Gemeinden, die im Tal leben. Ja genau, die mit dem Alkohol und den Festen. Wir steigen vor dem besonders überlaufenden Viewpoint aus und laufen am Canyon entlang. Wir sehen Kondore. Wenn man zu früh da ist, ist die Thermik noch nicht gut genug, aber nach und nach kommen die Tiere höher und gleiten über uns. Die wenigen Adler, die es auch gibt, sehen winzig aus. Unser Guide übertreibt ein wenig mit den Geschwindigkeiten, die die Tiere angeblich hätten. Wer ein wenig in Physik aufgepasst hat, wüsste dass dann die Tiere ständig einen Überschallknall auslösen würden, aber er ist so begeistert bei seiner Geschichte, dass wir nicken.

Am Hang gegenüber sieht man uralte Terassen, die auf winzigen Pfaden zu erreichen sind. Kartoffeln hat man da früher angebaut. Da es kein Wasser gibt, ging das nur in der Regenzeit von Dez-März. Heute wird die Bevölkerung weniger und die schwierigsten Gegenden sind verlassen.

Auf dem Rückweg halten wir an einem Berg, an dessen Rückseite eine der größten Quellen des Amazonas entspringt und wir trinken Colca Sour. Eine Variation des Pisco Sour, der statt mit Limonen, mit der sauren Frucht des örtlichen Kaktusses daher kommt. Sie sieht aus wie eine überdimmensionale Kiwi und man kann es nicht anders sagen: Es schmeckt um Längen besser, als das Original. Als wir ihm das bestätigen, platzt er fast vor Stolz. Irgendwas hat so eine Tour schon, aber irgendwas halt auch nicht. Wir vermissen Asien, wo man sich einfach auf den Roller setzen kann und die Welt erkunden kann. Könnte man hier zwar auch, kostet das 9-fache und ist meistens auch nicht verfügbar.

Der Colca Canyon und die Pampa Hochebenen waren bisher das spannendste Landschaftsbild in Südamerika, nachdem Peru gegen die Landschaften in Kolumbien bisher ganz schön abgestunken hatte. Aber wir haben ja noch einiges vor uns…

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert