Saigon oder Ho Chi Minh City
Die einen hassen es, die anderen… Gibt es Leute die es lieben? Naja egal, wir gehören auch eher zu den Ersteren.
Warum? In erster Linie wegen des Verhaltens der Einwohner im speziellen der Rollerfahrer. Während wir in allen anderen Ländern noch sagen konnten, geh einfach los, die achten schon auf dich ist das hier nicht der Fall. In Vietnam fahren sie dich über den Haufen. Und das selbst auf dem Bürgersteig. Tausende Motorräder wollen nicht warten und zwängen sich an dir vorbei über den Bürgersteig. Da werden Behinderte und Omas einfach abgedrängt. Auch Unfälle, wie wir sie gesehen haben, werden so behandelt. Ein Rollstuhlfahrer, von einigen umgefahren liegt am Boden. Leute helfen, dennoch drängt man sich durch, tritt sich an den am Boden liegenden ab. Dabei hört man schon ab und zu ein “sorry”. Es scheint nicht aus Boshaftigkeit zu geschehen, sondern aus einer fast schier endlosen „Dummheit“. Wie sonst will man es sich erklären, dass an einer roten Ampel jeder Roller vor dem nächsten stehen will und so 50-100 Roller daneben auf dem Bürgersteig stehen, die sich widerrum, dadurch sämtliche Möglichkeiten nehmen vorwärts zukommen. In Stoßzeiten stehen diese Roller Reifen an Reifen. Da kommst du als Fußgänger nicht mehr durch. Wir sind teilweise über die Sitze gestiegen. Polizisten versuchen Schulkinder über die Straße zu bringen und werden dabei selbst umgefahren. Im Prinzip wünscht man sich die ganze Zeit einen Bereich, wo keine Roller hinkommen und den gibt es kaum. Egal ob für Roller gesperrt oder nicht.
Natürlich war das Highlite des Verkehrskollapses Silvester. Davor wurden wir auch schon gewarnt und so verbrachten wir, nachdem natürlich auf der Hauptmeile nichts mehr ging, die letzte Stunde im Park am Fluss, wo alle beim Picknick saßen und sehr friedlich auf das zentrale Feuerwerk warteten. Drei Menschen liefen mit Schildern und Mikrophonen herum und erinnerten jeden daran, kein Müll zu hinterlassen. Positiv fiel hier auf, dass kaum einer betrunken war. Wir waren die einzigen Ausländer. Als wir nach Mitternacht die ersten Langnasen sahen, waren sie natürlich betrunken. Die Ausländermeile ist dann auch der Grund zum Fremdschämen gewesen. Wir wussten nicht, dass man die Khao San Road in Bangkok noch übertreffen kann, es geht aber noch um ein ganzes Ende schlimmer. Generell wird hier zwar Silvester gefeiert wie bei uns, es wird sich aber nicht um den Hals gefallen, gratuliert und schon gar nicht geküsst. Als wir uns einen minikleinen Kuss gaben, brachen alle in schallendes Gelächter vor Scham aus. Das TET Fest Ende Januar ist das Neujahr hier und wird eine Woche gefeiert und davor und danach nehmen sich die Vietnamesen alle frei. Das wird noch spannend.
Die Stadt Saigon erstickt im Verkehr. Sie versucht die Fahrradrickschas von der Straße zu bekommen, das einzige Verkehrsmittel, dass diesem Irrsinn hier Einhalt gebieten könnte. Tuktuks wurden schon vor der Jahrtausendwende verboten. Allerdings wird gerade auch die erste Sbahn gebaut.
Was uns in Saigon gefallen hat, war das Kriegsfolgen Museum und besonders die kleinen Gassen, die sich abseits der Hauptstraßen befinden. Immer nur anderthalb Meter breit, findet hier das Leben statt. Das sind Orte, an denen man sieht wie Saigon mal ausgesehen haben muss. Hier kommt man direkt in Kontakt. Da die Häuser zur Straße immer offen sind und eigentlich immer nur aus einem Raum bestehen in dem das Handwerk, der Handel, aber auch das Bett und die Roller stehen, geht man durch das Leben der Menschen. Spätestens wenn man selbst mal jemandem zunickt, lächelt oder grüßt, wird man oft sehr nett im Vorbeigehen begrüßt. Das ist in Vietnam nicht selbstverständlich, denn es ist kein Land des bedingungslosen Lächelns, wie andere Länder in Asien. Die Kinder werden hier aber wie auch in den anderen Ländern, kaum dass sie sprechen können, genötigt “hello” zu den Ausländern zu sagen. Weshalb sie dann manchmal auch alleine auf der Straße herumspringen und dich unter Hello Gerufe und Highfive Abklatschen umtoben. Manchmal ärgern sie dich auch und wollen dich in ihr Spiel mit einbinden.
In Saigon habe ich (Björn) meine Grippe auskuriert und wir gingen zwar täglich, nachdem ich lange genug geschlafen habe, in die Stadt, aber das Laufen auf den Straßen war extrem anstrengend, weil die Bürgersteige zugeparkt sind und du halt auf der Straße läufst, in dem Verkehr, der dich ständig zu rammen droht. Um ein paar Minuten Ruhe zu bekommen sind wir ein paarmal in ein überteuertes Café mit Klima und geschlossenen Türen geflohen. Inzwischen tragen wir sogar einen Mundschutz, weil die Abgase kaum noch zu ertragen sind.
Wirklich schön sind in Saigon nur das Postgebäude und die Gebäude darum herum. Der alte französische Teil. Vielleicht sollten wir einfach zurück nach Frankreich… 🙂
Wer natürlich nach Saigon reist, dort nur in Rooftop Bars herum hängt, unter seinesgleichen, mit dem Taxi herumfährt, in teuren Hotels bleibt und allenfalls Ausflüge in die riesigen Einkaufscentren macht, der könnte vielleicht, doch den Stress dieser Stadt gar nicht merken … wobei… irgendwann muss auch dieser Mensch eine Straße überqueren …