Zu den Walhaien
So viele Dinge, die wir so gerne getan hätten, haben wir auf der Welt schon übersprungen, um Tieren nicht noch mehr Leid zuzufügen. Dazu gehören Elefantentouren, Ottercafés, Babytiger streicheln, Delfine auf Bali… Wie gerne hätten wir das alles getan, aber wir wissen um unsere Verantwortung.
Genauso verhält es sich mit den furchtbaren Walhaimassenevents in Oslob.
Die Tiere werden seit Jahren angefüttert, was erstens dazu führt, dass sie nicht mehr weiter ziehen, aber viel wichtiger, sie kommen immer wieder in Schiffsschrauben und da jeder unbedingt ein Bild mit Wahlhai im Stringtangabikini davor braucht, müssen die Tiere mit hunderten Schwimmern und Tauchern gleichzeitig klarkommen. Bilder mit diesen Massen kann man im Netz finden.
Die Fischer, die das einst gestartet haben sind längst reiche Menschen und weder sie noch der Staat kümmern sich um den eigentlich gesetzlich vorgeschriebenen Schutz der Tiere.
In einem Forum hatten wir gelesen, dass es auf Leyte sehr wohl Touren gäbe, wo die Tiere nicht angefüttert werden, hatten das aber erstmal nur so abgespeichert. Erst in Japan spürten wir, dass der Wunsch aber groß wäre, doch noch Walhaie zu sehen und da wir eh für drei Wochen zurück auf die Philippinen mussten, fingen wir an zu recherchieren.
Die langen Strecken und Wege, die wir nicht mehr ganz so schmerzfrei absolvieren, machten uns ein wenig Sorgen. Auch die Preise in den wenigen Unterkünften vor Ort waren weit über unseren Budget.
Ute fing auf den Camotes an mit diversen Unterkünften zu schreiben und im Peters Diveresort wurde uns ein Zweier-Dorm zu einem bezahlbaren Preis angeboten. Und da wir zu zweit waren, war das praktisch ein Privatraum.
Als wir mit dem Pumpboat nach Leyte übersetzten und gegen 11 Uhr die Insel erreichten, brauchten wir tatsächlich nur wenige Meter zum Busterminal gehen. Von dort nahmen wir den Bus. Die Insel sah unglaublich lang aus aber nach nur 7 Stunden kamen wir an der Südspitze an. Hungrig, erschöpft und gerade noch rechtzeitig für ein Klo.
Padre Burgos ist ein winziges Dörfchen an der Südspitze. Nur 3 km nördlich davon liegt das Diveresort und da es hier so untouristisch ist verlangte der Tricyclefahrer nur 10 PHP statt sonst 300 PHP. Also normale Preise.
Angekommen waren wir erst einmal in einer ganz anderen Welt. An den Tischen saßen nur Touristen. Gefühlt waren wir seit Wochen alleine aber hier im nirgendwo waren Unmengen an Franzosen, Amerikanern, Engländern. Alle ignorierten uns. Etwas, dass wir nur aus westlichen Ländern kennen und uns – wie immer – schwer fiel hinzunehmen. (Das sollte sich aber die nächsten Tage ändern).
Viele haben hier Tauchkurse absolviert und lebten nur in dieser kleinen, von den Einheimischen getrennten Blase. Unser Plan mit einem Roller die Umgebung zu erkunden schlug zum ersten Mal in Asien fehl, weil es die hier einfach nicht gab.
Wir bekamen richtig gutes Essen – nicht einfach auf den Philippinen, aber da hier so viele Franzosen sind, muss man Qualität bieten.
Das ist schon immer ein guter Hinweis.
Am nächsten Morgen ging es los.
Wir wurden mit kleinen Booten zum Boot hinaus gefahren. Schon im Dingie begannen die ersten Kontakte und auf der ganzen Fahrt hörte das Geplapper und Geschichten erzählen gar nicht mehr auf. Das hatten wir tatsächlich lange vermisst. Passiert scheinbar oft auf Touren oder abgelegenen Backpackerorten.
Während fliegende Fische vor unserem Boot davon flogen bewegten wir uns auf die gegenüberliegende Südspitze (es gibt 2) zu. Dort hängten wir die Spotter in ihren Kajaks ans Boot und schleppten diese weiter nach Süden.
Während diese mit ihren Taucherbrillen das Wasser absuchten zogen wir unsere Kreise, sprangen ab und zu ins Wasser, dass mit quallenähnlichen Stückchen voll war, was aber nicht brannte und wohl Tintenfischeier sind.
Das Gesetz lässt nur 3 Stunden in der Bucht zu. Finden wir in der Zeit keine Walhaie, waren die rund 45 Euro und 90 minütige Anfahrt umsonst und wir müssten es evtl noch mal am nächsten Tag probieren.
Das ist halt der Preis für das nicht Anfüttern, den wir aber bereit sind zu zahlen, auch wenn wir viel weniger Geld zur Verfügung haben, viel mehr Schmerzen aushalten müssen, um solch entfernte Orte zu erreichen.
Nach fast 3 Stunden ohne Walhaie aber viel Austausch, plötzlich ein Ruf.
Wie beim Militär wurden wir angeschrien. Alle an die Kante. 4 Leute hinsetzen mit Beinen über Board. Das Boot riss herum und raste zum Spotter, die letzten Meter Motor aus und JUMP JUMP JUMP.
Und dann SWIM SWIM SWIM. Zum Glück habe ich doch die Flossen genommen, so konnte ich mithalten. Ich bin zwar sicher, dass 15 Leute (allerdings sonst kein anderes Boot) auch viele sind, aber bei Weitem nicht so schlimm wie in Oslob.
Und plötzlich war er da. Ein Walhai mit riesigen Begleitfischen. Direkt unter mir.
Und dann passierte das, weshalb wir nicht nach Oslob wollten.
Eine Französin brauchte unbedingt Stringtangabikini Bilder vor dem Tier und tauchte immer wieder tief zu dem Tier hinunter. So dass er immer tiefer tauchte und veschwand. Alle Anweisungen hatten sie und ihr Freund für die Instagrambilder ignoriert.
Eigentlich sollte man Kameras ganz verbieten, wenn Menschen sich einfach nicht daran halten. Es war einfach nur traurig.
In der Zwischenzeit dachte ich, ich hätte auch ein Video gemacht, scheinbar aber erst beim STOP auf AUFNAHME gedrückt und jetzt wunderschöne Bilder von meiner Badehose. Zum Glück haben wir nachher die Bilder geteilt.
Ein paar Menschen wurden in die Kajaks der Spoter umgeladen. Unter anderem auch die Instagramer, die von hieraus mit mehreren Fähren zum nächsten Famous Spot übersetzen wollten nach Siargao.
Dieser Weg wurde uns an dem Abend für den nächsten Tag ebenfalls angeboten. Kostenlos mit der Tour am übernächsten Tag.
Wir haben noch zwei Nächte in dem heißen Zimmer vor uns. Am nächsten Tag entdecken wir erst den Pool. Wir überlegen kurz, ob wir noch eine Tour buchen. Hätten wir sicher auch gemacht, wenn wir keinen gesehen hätten.
Aber 90 Euro ist schon eine Menge Geld bei einem Tagesbudget von 20 Euro x2.
Wir gehen stattdessen in den kleinen Ort. Das Personal nimmt uns mit und lässt uns am Dorfstrand raus, wo wir mit Schildkröten schnorcheln. Als wir Abends wieder im Pool sind quatschen wir eine Ewigkeit mit den beiden Berlinern Karina und Julian bis die Zähne klappern.
Dabei erfahren wir, dass die heutige Tour drei Walhaie gesehen hat und über eine Stunde mit den Tieren geschwommen sind, weil keine Idioten das Tier nach 10 Minuten zum Abtauchen brachten.
An diesem Abend überlassen uns die beiden Südafrikanerinnen Sian und Susan kostenlos ihr teures Zimmer, damit wir aus der Hitze herauskommen, weil sie blitzartig abreisen müssen. Wir sind superdankbar und revanchieren uns ein paar Wochen später bei Sian mit Motorbikeunterricht auf Siquijor.
Wir müssen uns in dieser Nacht entscheiden. Das Angebot annehmen und mit dem Boot der Tauchschule übersetzen, dann mit dem Tricycle zum Hafen, dann auf die nächste Insel, schlafen und dann nach Siargao oder in die andere Richtung zurück nach Bohol und dort Anda besuchen danach wahlweise Camiguin Island oder Siquijor.
Da wir recht erschöpft sind entscheiden wir gegen 2 Uhr Nachts, dass wir nach Siquijor wollen. Dort waren wir glücklich, wir wissen wo alles ist und es wäre wie Urlaub, statt immer weiter zu planen.
Am nächsten Morgen wollen wir den Bus an der Straße heranwinken, als uns das Diveresort ein Angebot macht. Ein Wagen ist angekommen und hat Platz für die ganze Mannschaft, die eigentlich alle in die gleiche Richtung wollen, wenn auch mit verschieden teuren Verkehrsmitteln. Und so macht sich unser 9köpfige Truppe auf einstündigen Weg zum Hafen, gehen an Board eines kleinen Bootes nach Bohol, wo wir uns in zwei Gruppen aufspalten. Die einen fahren ins Innere der Insel und vier von uns fahren nach Anda. Eine gute Entscheidung.
Nicht nur dass Anda wunderschön war. Ich lieg auch 3 Tage mit Fieber und Durchfall im Bett. Nicht auszudenken was passiert wäre, wenn wir an dem Tag in der anderen Richtung zwischen oder auf den Fähren gehangen hätten.
Mit vielen der Walhaitour sind wir bis heute in Kontakt. Meist auf Instagram. Manche haben wir nach Monaten zufällig in einer Ubahn in Singapur wieder getroffen oder geplant auf Siquijor.
Und wir haben einen Walhai gesehen. Ich hoffe wir haben ihn nicht zu sehr gestresst. Es war ein großartiges Erlebnis, auch wenn Ute davon wenig mitbekommen hat, das sie nicht so schnell schwimmen konnte und erst ankam, als die Franzosen das Tier schon sehr tief nach unten getrieben hatten. Aber vielleicht bekommen wir noch einmal die Chance. Irgendwo auf der Welt.
Danke an Pete Davis für die Walhai Videos.
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