Nachts im Amazonas Regenwald
Die Nachtwanderung führt uns knappe zwei Stunden durch den sekundären und primären Urwald, Sekundär bedeutet, dass der Opa unserers Guides hier vor 20 Jahren noch Bananen angebaut hat. Dieser Urwald ist also neu nachgewachsen. Er ist ein bisschen lichter, aber nicht wesentlich. Gleich zu Beginn zeigt er uns in den Farnen und Bananenpflanzen, die an unserem Armen entlang streichen, unter den Blättern gar nicht so kleine Spinnen. Banana Spider. Toxic. Sagt er. Na toll. Wie sollen wir uns durch den schmalen Pfad bewegen ohne gegen die Blätter zu kommen. Mit der Machete, macht er ein wenig Platz, aber das ist nicht ausreichend, um genug Abstand zu haben, finden wir.
Dann schon nach wenigen Minuten findet er eine Tarantula. Eine große haarige Spinne. Die beissen nur, wenn sie sehr sehr wütend sind. Er ärgert sie mit einem Stock, bis sie aus dem Loch kommt, versperrt ihr den Rückweg mit der Machete und wischt sie weg vom Loch. Also ich wäre jetzt bereits wütend. Dann versucht er sie auf die Hand zu nehmen. Sie will aber nicht. Fast 3 Minuten immer wieder, bis sie endlich auf der Hand sitzt. Keine Angst, die beisst nur wenn sie wütend ist, dann sollen wir die Hand hin halten. Ganz ehrlich, wenn sie ihn jetzt noch nicht gebissen hat, gibt es nicht den geringsten Grund, vor diesen Tieren Angst zu haben. Dann läuft sie über meine Hand und schnell runter.
Wir vertehen nicht was er dann macht, als er sie auf den Rücken zwingt und mit dem Stock in ihrem Maul rumbohrt. Wir sagen er soll aufhören, soweit es unser Spanisch zulässt, sonst beiße ich ihn gleich. Endlich lässt er das Tier in Ruhe. Uns hätte auch das Beobachten gereicht.
Der junge Führer ist mit seinen 22 Jahren sehr motiviert und ein wenig drüber. Er meint es gut. Aber wir müssen ihn ausbremsen. Auf der weiteren Runde sehen wir noch viele Spinnen. Eine ist recht groß und rennt umher um den Baum, wenn man versucht sie zu sehen oder zu filmen. Richtig groß. Die Frösche kennen wir schon von Borneo.
Dann sehen wir an einer Wurzel direkt vor uns etwas kauern. Ich erkenne es nicht, da springt er schon nach vorne und versucht das arme Tier zu greifen. Es flattert lautstark davon und hat damit evtl sein Leben gerettet. Was aussah wie eine schöne blaue große Taube ist ein Waldhuhn. Die Urart der Hühner. Er ärgert sich. Sagt immer wieder Desayunado. Frühstück. Wir sind nicht sicher, ob er scherzt. Fürchten aber nicht. Mir geht durch den Kopf: Man kann Tiger abrichten, streicheln, aber sie bleiben immer ein Raubtier.
Im Schein der schwächer werdenden Taschenlampe sehen wir den riesgen Stamm des heiligen Baumes, der sich oben in der Dunkelheit verliert. Morgen werden wir damit sehr beeindruckende Begegnungen haben. Wir balancieren über Stämme, die als Brücken über kleine Flüsse herhalten und halten trotz Tonnen an Repellent als Futter für die Moskitos her. Das Licht der Lampe wird immer schwächer, die Tropfen an den Augenbrauen größer und ohne einer Anaconda zu begegnen geht es endlich zurück in Richtung Dusche. Es ist absolut verständlich, dass die Indigenen früher, bis auf dieses Penishütchen, nackt herum liefen. Diese Nacht wird heiß. Heißer als normal, sagt man uns. Wie wir inzwischen diese „…. als normal“ Aussagen hassen. Es gibt kein Normal (mehr). Jetzt heißt es die Nacht überstehen und morgen geht es auf die große Wanderung durch den Dschungel.