Alles auf Anfang…
Nach 2 Monaten in liebevollem Exil, haben wir beschlossen, dass wir uns bewegen müssen. Wir können nicht für Ewigkeiten das Dachgeschoss unserer Freunde ocupieren und außerdem scheint sich die Situation in der Welt nicht so schnell zu verbessern, wie wir gehofft haben.
Vor einem Jahr haben wir einen Camper ausgebaut und und sind mit ihm ein halbes Jahr durch Europa gefahren, bevor wir ihn verkauft haben, um für ca. 2 Jahre mit dem Rucksack weiter zu reisen. Hätten wir gewusst, dass wir nur 4 Monate später wieder da sind, hätten wir ihn natürlich nicht verkauft. Also stehen wir jetzt vor dem Problem, dass wir ihn jetzt so dringend gebrauchen könnten, denn unsere Wohnsituation in Deutschland hatten wir praktisch aufgelöst. Das heißt genau: Wir haben zwar noch die winzige Wohnung in Hamburg. Diese ist 27 qm groß, besitzt keine Sanitäreinrichtungen wir Dusche oder sowas, sondern nur eine Klo. In ihr ist alles aus allen Wohnungen (Schrebergarten, große Wohnung usw) gelagert und an den Wänden verschraubt, was wir vor der Reise nicht verschenkt oder verkauft haben. In dieser Wohnung gibt es folglich noch 3 qm freien Boden. Durch die Lage um zugewachsenen Hinterhof kaum Tageslicht. Ein echter Lockdown wäre hier kaum zu überleben. Außerdem ist die Duschsituation so nie geplant gewesen. Diese Wohnung ist eine Notfallwohnung, die wir ZUM GLÜCK doch nicht aufgegeben haben, falls etwas passieren würde.
Das Stilllegen des Lebens in Deutschland war ein langer Weg, mit Abmeldungen bei Kassen, Ummeldung an anderen Wohnort, Einlagern von Rollern, Möbeln und sehr vieles mehr. Das blöde an der jetzigen Situation ist, dass wir nicht wissen, ob wir das alles wieder rückgängig machen sollen (Wohnung suchen, Job suchen usw) oder, ob wir einen Art Schwebe aufrecht können, bis es wieder los geht.
Finanziell geht das für einen gewisse Zeit, da wir zum Glück Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, allerdings sind Jobs in dieser Zeit nicht leicht zu finden. Also beschließen wir das gleiche Spiel wie letztes Jahr zu beginnen. Wir besorgen noch einmal ein Auto, bauen es wieder aus und fahren dann so lange es geht. Dann verkaufen wir es, wie letztes mal und setzen die Reise in Laos wie geplant fort. Der Haken: In der Pandemie haben plötzlich alle die gleiche Idee und die Autopreise explodieren. Während unserer Suche steigen die Preise für leere Kastenwagen wöchentlich um ca. 1000 Euro. Ein familiärer Schicksalsschlag und die bessere Position für eine Suche nach einem neuen Auto zwingen uns zurück nach Hamburg in die kleine Wohnung und wir brauchen den gesamten Juni und den halben Juli um ein Auto zu finden. Dann wollen wir den Rekord aufstellen und einen Wagen in nur 2 Wochen zum Camper ausbauen. Spoiler: es werden 3. Ein normaler schneller Ausbau dauert allerdings 3 Monate.
Also arbeiten wir bis zum Umkippen vor unserem Haus auf der Straße. Streichen auf der kleinen Mauer, bauen Solaranlage, Batterie, Boden rein, Dämmen, Holzdecke einbauen, Küche, Schränke, Licht, Sitzgelegenheiten, Kühlung, Schwerlastauszug, Trennwand, neues Fenster, Bett, Aussparungen für 2 Meter Querliegefläche, plötzlicher Rost und vieles mehr. Unter den Anfeuerungen (statt Beschwerden) der Nachbarn arbeiten wir oft bis Mitternacht im Auto. Man nennt uns Motivatoren, es wird jeder Fortschritt genau beobachtet. Wir bekommen Eis und Kuchen und werden gelobt für soviel Einsatzwillen. Man bietet uns sogar an bei den Nachbarn zu duschen. Ein Leben wie in der Lindenstraße. Leider auch DER warme Sommermonat, in dem wir eigentlich unterwegs sein wollten und die Infektionszahlen niedrig sind.
Immer wieder werden wir gefragt, wo wir denn dann hin wollen. Wer uns kennt, weiß dass es bei uns darauf keine Antworten gibt. Weder auf Rucksack reisen und nicht jetzt und ganz bestimmt nicht während einer Pandemie, in deren Verlauf sich geradezu täglich die Situation ändert.
Anfänglich sah alles so aus, als würden wir unsere Tour dort fortsetzen, wo wir letztes mal aufgehört haben und jetzt den Balkan nah Griechenland runter fahren, da die Zahlen hier im niedrigen zweistelligen Bereich sind. Das ändert sich schlagartig als hunderttausende Touristen aus den schwer infizierten Ländern (u.a. Deutschland) einreisen, sich alle gegenseitig anstecken, weil ohne Rücksicht gefeiert wird. Italien ist immer noch krass am runter gehen, was die Zahlen betrifft. Allerdings ist Italien nach eigenen Erfahrungen einfach nicht unser Land und es wird einfach immer und überall gestohlen, was wir am eigenen Leib in unserem Leben mehrfach erfahren durften. Also blieb nur noch die alte Richtung Frankreich und Spanien. Spanien hatte sich sehr gut entwickelt, ging dann wieder hoch. Frankreich war nie runter gegangen. Da wir so spät loskommen und keine Heizung haben, fallen alle anderen Länder weg.
Nach 3 Wochen Arbeit, Nächten voller Bestellungen und googeln und jedem Tag Ausrechnen welche Entwicklung welches Ziel nimmt sind wir fertig und können starten. Wir starten in Deutschland, weil die Temperaturen um die 30-35 Grad ungewöhnlich hoch sind …